Ein Chili Jahr

Vom Samen zum Produkt. Ein Einblick über Anzucht, Pflege, Ernte und Produktion.


Anzucht

Die Anzucht der Chilis beginnt im Januar mit dem Einlegen der Samen in einen Kokosquelltab, alternativ Anzuchterde. Auch eine Anzucht in normaler Pflanzerde ist möglich, jedoch könnten die feinen frischen Wurzeln durch vor gedüngte Erde geschädigt werden. Ich bin da eher vorsichtig und setzte auf meine Erfahrungswerte.

 

"Gegossen" wird bei mir mit einer Pipette und lauwarmen Wasser. Die Tabs dürfen nicht austrocknen aber auch nicht im Wasser stehen. Die optimale Keimtemperatur liegt bei 24°C bis 26°C. Meine Gewächshäuschen stehen deshalb im Gästebad. Die Fußbodenheizung auf höchste Stufe. Dann heißt es erstmal warten. Mit den ersten Keimlingen kann man nach knapp 5 Tagen rechnen. Einige Sorten können auch mehr als 14 Tage benötigen.

 

Sobald die kleinen Pflänzchen gut sichtbar aus der Erde schauen, werden sie umgesiedelt. Jetzt benötigen sie keine Haube, auch die Wärme muss reduziert werden. Da wenig Sonne scheint, kommt bei mir jetzt auch die UV-Lampe zum Einsatz. Gegossen wird immer noch mit Pipette.


Erstes Umtopfen

Sobald Sie das zweite bzw. dritte Blattpaar bekommen haben, wird das erste Mal Umgetopft. Jetzt kommt die Bio Tomatenerde und Kokosfasern zum Einsatz. Das Mischverhältnis ist 80 zu 20. Kokosfasern lockern die Erde, lassen Luft und Wasser besser  zirkulieren. Außerdem speichert die Kokosfaser das Wasser. Die Pflanzen sind jetzt ca. 3 bis 4 Wochen alt. 

 

Da es draußen zu kalt zum umtopfen ist, geschieht bei mir alles meist im Wohnzimmer. Ab jetzt heißt es "Vorsicht Trauermücken". Diese wirken auf den ersten Blick wie Fruchtfliegen. Sie legen ihre Eier in der nassen oberen Erdschicht ab, die kleinen Larven fressen dann nach und nach die Wurzeln und schädigen so die Jungpflanzen. Hinzu kommt das sie einfach nervig sind. Dem kann man mit Gelbtafeln entgegenwirken. Fleischfressende Pflanzen können ebenfalls helfen, hier eignet sich der Sonnentau sehr gut. Ich topfe meine Pflanzen samt Quelltab in Plastikbecher um, die meisten stehen dann in Plastiktassen. Durch Löcher im Boden des Bechers können sie Wasser ziehen. Gießwasser kommt in die Tasse und die Erde nimmt es auf. Der Vorteil daran ist, dass die obere Erdschicht trocken bleibt. Diese Methode ist allerdings kein 100%iger Schutz, sodass auch ich zur Gelbtafel greifen muss.

 

Chilis mögen eine kleine Dusche von oben, am besten funktioniert das mit einem Blumenzerstäuber. Täglich ein oder zwei Mal über die Meute gehalten. 

 

Jetzt beginnt die Pflegephase, das heißt Lebenserhaltung. Sind die Becher zu leicht, wird gegossen. Die UV-Lampen laufen jetzt ca. 12 Stunden täglich und imitieren Sonnenlicht. 

 

Sobald die Wurzeln aus der ersten Behausung schauen, wird es Zeit für das zweite Umtopfen. Die Pflanzen sind jetzt ca. 10 bis 12 Wochen alt. Ich verwende keinen Dünger, da die Tomatenerde vor gedüngt ist und bis zu 8 Wochen reicht.


Zweites Umtopfen

Das zweite Umtopfen ist nicht anders als das Erste, nur sind die Töpfe größer und bieten häufig genug Platz bis zum Finalen auspflanzen. Bei einigen Sorten kann es vorkommen das der Platz vorher zu eng wird, dann muss man noch einmal Zwischentopfen. Um nicht für jede Pflanze einen Unterteller nehmen zu müssen, stehen sie bei mir in Boxen. Einmal ordentlich reingießen und fertig. Die UV-Lampen laufen immer noch fleißig, allerdings nun nur noch 9 Stunden täglich. 


Pflegen und Sonnenbaden

Die Zeit bis Anfang April und dem ersten Sonnenbad verbringt man damit zu warten, zu beobachten und zu gießen. Es zeigen sich bei frühen Sorten erste Blütenansätze, die per Hand also mit Pinsel selbst bestäubt werden können. Dazu geht man mit dem Pinsel von Blüte zu Blüte innerhalb der Pflanze. Wenn man sein eigenes Sortenreines Saatgut haben möchte, könnte man nun ein feines Netz oder einen Teebeutel zum selber befüllen über die Blüte machen. Die beugt nochmaliges Bestäuben durch Nützlinge und Verfälschen vor. Mit einem buntem Faden kennzeichnet man den Ast an der die Blüte und später Chili hängt. So weiß man genau aus welcher Chili man das Saatgut entnehmen kann.

 

Ein neues Kapitel und endlich etwas Schwung kommt mit dem Aprilwetter. Wenn die Temperaturen angenehm sind und die Sonne langsam anfängt, beginnt die Schlepperei. Da die zarten Blätter noch keinen natürlichen UV-Schutz bilden konnten, müssen sie langsam und vorsichtig an die Sonne gewöhnt werden. Dies liegt daran, dass die Pflanze bisher nur künstliches Sonnenlicht bekommen hat. Das bedeutet, erstmal nur Schatten maximal 15min. für den ersten Tag, dann langsam steigern. Wichtig ist, wenn die Blätter hängen, reinbringen und Wasser geben. Wenn die Pflanzen tagsüber ca. 5 bis 6 Stunden im Schatten gut aushalten, kann man damit beginnen sie an die direkte Sonne zu gewöhnen. Am besten eignet sich dafür ein etwas bewölkter Tag. Zu Beginn wieder nur 30 min und langsam steigern. Es kann sein, dass die Blätter Lila stellen bekommen, dies ist eine normale Reaktion der Pflanze, sie bildet einen UV-Schutz. Verbrannte Blätter sehen dann stellenweise Braun aus. Leichte Verbrennungen sind nicht besorgniserregend, erst wenn sie knusprig ist. 

 

Gegen Kippen der Pflanzen hilft ein Bambusstab, der stabilisiert. Das Prozedere mit dem rein und raus tragen praktiziert man bis Mitte Mai - also den Eisheiligen.  

 

Jetzt ist im Übrigen der ideale Zeitpunkt seinen Garten vorzubereiten und die Erde aufzuwerten. Meine Pflanzen haben ab jetzt keine UV-Lampen mehr. Nun beginnt für mich parallel die Zeit in der ich die grobe Planung der Chilis für das nächste Jahr beginne.


Finales Auspflanzen

Endlich die Eisheiligen. Mitte Mai sinkt die Nachtfrostgefahr. Chilipflanzen verlieren ihren Lebenswillen ab ca. 5°C. Als Gärtner hat man da die Wetterprognosen immer zur Hand, nicht nur weil man sich so sehr darauf freut endlich im Garten arbeiten zu können. Nein, man hat schlicht und ergreifend einfach keinen Platz mehr. Mir wuchern 120 Pflanzen das Wohnzimmer zu, die Wurzeln schauen aus den Töpfen und das rein und raus tragen entwickelt sich zur Tortur. Als Faustregel gilt, desto größer das Gefäß umso größer die Pflanze und der Ertrag. Also mindestens 10l Kübel oder Töpfe wählen, besser mehr. 

 

Idealerweise hat man die alte Erde schon im April mit Nährstoffen aufgewertet, sodass sich alles gut verteilen konnte. Wenn man also vorbereitet und die frische Erde schon gekauft ist, muss man nur noch den idealen Zeitpunkt zum Auspflanzen finden.

 

Überraschungen kann es immer geben, wenn die Temperaturen plötzlich sinken und der Angstschweiß deshalb ausbricht. Abhilfe schafft ein Pflanzenvlies, das man über die Pflanzen spannt. Diese dürfen es jedoch nicht berühren und offene Stellen sollten nicht auftreten. Nicht vergessen, Sonnenschutz. Chilis lieben zwar Sonne, aber dauerhaft draußen und Dauerbestrahlung kann anfangs viel Schaden anrichten. 

 

Nach ca. 8 Wochen ist der Dünger in der gekauften Erde aufgebraucht, jetzt kann man wöchentlich Flüssigdünger ausgießen, einen Langzeitdünger nehmen oder einen eigenen Dünger mischen. Ich verwende hierzu Hornspäne, Urgesteinsmehl und Pferdemist Pellets. Durch eine gute Freundin habe ich sogar Zugriff auf "frischen" Pferdemist. Hin und wieder kann man auch Kaffeesatz und Eierschale unterstützend mit verwenden.


Pflegen und Ernten

Pflegephase. Spannend. Je nach Menge und Gattung der Chilisorte blüht es jetzt kräftig. Die ersten Chilifrüchte sind zu sehen und reifen teilweise in spektakulären Farbspielen ab. Ab Mitte August werden die ersten Chilis reif, ich lasse sie dann meistens noch zwei Tage dran, Aromaentfaltung und so. Während der Haupterntezeit kann man sie auch gut und gerne bis zu zwei Wochen reif hängen lassen. Ich achte immer darauf das ich viele Farben habe und nicht nur eine.

 

Ich drehe jetzt täglich meine Gartenrunden, das ist Pflicht. Die erste,  wenn ich von meiner Arbeit nach Hause komme. Erstmal Überblick verschaffen, wo sind Blüten, Chilis oder Schädlingsbefälle. Am späten Nachmittag dann die nächste Inspektionsrunde und am Abend wird gegossen. Für alle Pflanzen, nicht nur Chilis gilt: Entweder morgens oder abends gießen. Wassertropfen können bei Sonneneinstrahlung wie Lupen wirken und die Pflanzen verbrennen. Am Wochenende sind es sogar mindestens vier Rundgänge. Das ist das schöne, wenn man seine Pflanzen in der Nähe hat.

 

Nicht nur die Eisheiligen (15.05.) ist ein wichtiges Datum. Bevor das Wetter meteorologisch Analysiert und Vorhergesagt werden konnte, entwickelte sich viele Bauernweisheiten. So auch der Siebenschläfertag, dieser ist immer am 27.06. und sagt das Wetter für die nächsten 7 Wochen voraus. Hier in Bayern trifft die Vorhersage überwiegend zu. Es heißt also "Das Wetter am Siebenschläfertag sieben Wochen bleiben mag. Scheint am Siebenschläfer Sonne, gibt es sieben Wochen Wonne. Ist der Siebenschläfer nass, regnets ohne Unterlass". 

 

Wenn man Schnecken, Raupen, Blattläusen und Mangelerscheinungen getrotzt hat, wird die Mühe von etwas mehr als 32 Wochen Pflegedienst reichlich belohnt. Jetzt beginnt bei mir die Zeit in der Dörte -mein Dörrgerät- immer im Haus zu hören ist. Alle drei bis vier Tage wird geerntet, geschnibbelt und getrocknet. Tragt beim Schneiden bitte Handschuhe ;) 

 

Ohne Gewächshaus ist die Saison für mich im Oktober beendet. Die Temperaturen fallen und die meistens Chilis sind abgeerntet. Was jetzt noch hängt wird anderweitig verarbeitet. Im besten Fall beseitigt man jetzt noch die alten Pflanzen. Ich nehme es mir jedes vor, schaffe es aber nicht. Parallel zur Haupternte beginnt bei mir die Produktion. Ideen für Neues sind oft auch spontan dabei. Versuch macht klug. Nicht alles gelingt. 


Produktion

Während der Ernte beginnt die Produktion. Ich verarbeite hauptsächlich zu Chiliflocken, habe auch schon feine Chiliringe produziert. Einige Chilisorten verarbeite ich mit hochwertigen Salzen aus verschiedenen Ländern (Island, Portugal, Italien, Frankreich, England, usw.). Außerdem kreiere ich auch süße Chilimischungen und ein Jährliches Spezial.

 

Ich gestalte, drucke, schneide und klebe die Etiketten selber. Die Abfüllung geschieht mit Feinwaage. Ich bin stolz sagen zu können: Bei mir ist alles 100% Handmade. 



Für die Jahre 2019 und 2020 habe ich jeweils ein Video gemacht welches das Jahr einmal im Schnelldurchlauf zeigt.